Die Probleme des madagassischen Bildungssystems

Die Probleme sind folgende:

  1. Schule ist kostenpflichtige
  2. Unterschiede im Schulniveau
  3. Der unklare Vorteil der Bildung
  4. Lehrerprobleme
  5. Fehlende Infrastruktur
  6. Schwachstellen bei der Vermittlung der gesellschaftlichen Werte
  7. Fehlende Vielfalt in der Bildung
  8. Keine Übereinstimmung des Inhaltes der Schulprogramme mit der sozialen Realität.

1. Die kostenpflichtige Schule

Die kostenpflichtige Schule ist ein Hindernis zur Erreichung von „Bildung für alle“ auf Madagaskar. Auch wenn der Staat eine Politik der kostenfreien Grundschule befürwortet, so ist die Realität ganz anderes. Es gibt informelle Kosten, die von den Familien getragen werden. Das für Bildung eingeplante Budget ist immer sehr gering auf Madagaskar. Es gibt zwei Arten von Lehrer: einerseits der FRAM – Lehrer, der kein Beamter ist und der andererseits die Beamten. Die Initiative FRAM (Fikambanan’ny ray aman-drenin’ny mpianatra: Vereinigung der Eltern) ist ins Leben gerufen, damit der Staat mit dem Lehrergehalt entlastet ist. Die Gehälter von FRAM – Lehrer werden von Eltern aufgebracht. Auf dem Land können die FRAM – Lehrer in Naturalien z.B. Reis bezahlt werden, wenn die Eltern kein Geld haben. Am stärksten gefährdet sind die sozialschwachen Familien, die sich schwer tun, diese Beiträge für die Bildung ihrer Kinder zu zahlen.

Die untere Tabelle zeigt die Anzahl der Lehrer in den Grundschulen 

  2000/01 2001/02  2002/03 2003/04 2004/05 2005/06
Anzahl der Lehrer 33868 36181 38509  47315 48871 57024
davon FRAM-Lehrer 6074 5868 7107 13017 16230 27652
% FRAM-Lehrer 18% 16% 18% 28% 33% 48%

Quelle : Ministère de l’éducation nationale et de la recherche scientifique (MENRS) - Madagascar - annuaires statistiques. 2008

2. Der Unterschied vom Schulniveau

Der Unterschied wird zwischen staatlichen und privaten Schulen, zwischen Schulen in der Stadt und auf dem Land festgestellt. Die privaten Schulen konzentrieren sich in der Stadt. Das Schulniveau von den privaten Schulen ist höher als jenes der staatlichen Schule. Das Schulniveau der städtischen Schulen ist höher als das der ländlichen Schulen. Somit sieht sich die Landbevölkerung sowohl wegen des Besuches der staatlichen (öffentlichen) Schulen als auch ihrer Schulentfernung von der Stadt doppelt benachteiligt. Diese geographischen Ungleichheiten verschärfen sich sogar noch nach der Eröffnung des Zugangs zu den neuen Informations- und  Kommunikations-technologien. Die Schüler und Lehrer in den großen Städten haben bessere Möglichkeiten für die Verwendung von Computer und Internetzugang.

3. Der unklare Vorteil der Bildung

Das Missverständnis der Bevölkerung von der wesentlichen Zielsetzung der Bildung verhindert die Wirksamkeit der staatlichen Bildungspolitik. Der Mangel an Sensibilisierung der Gemeinschaften hinsichtlich der Notwendigkeit von Schule und Bildung im Allgemeinen beeinflussen den akademischen Verlust besonders in ländlichen Gebieten. Die Wahrnehmung des Verhältnisses zwischen Bildungsniveau und Entwicklungsstand der einzelnen Person, der Gemeinschaft und sogar des Landes ist nicht offensichtlich.

4. Lehrerprobleme

Lehrerprobleme in der staatlichen Schulen sind folgende:

  • die mangelnde Qualifikation der Lehrer,
  • die bescheidenen Rahmenbedingungen der Lehrerausbildung,
  • Unterbesetzung der Schulen,
  • die Abwertung des Lehrerberufs,
  • der Mangel an Unterrichtsmaterialien,...

Systematische und zyklische Lehrerfortbildungspläne sind fast nicht vorhanden. Diese Probleme gelten sowohl für staatliche Schule als auch für private Schulen.

5. Fehlende Infrastruktur

Im ländlichen Gebiet wird das Problem der Infrastruktur noch verschärft: fehlende Schulinfrastruktur (Bibliotheken, Klassenzimmer, Tische, Bänke, Latrinen...) und Mangel an den grundlegendsten Unterrichtsmaterialien (Beispiele: Wandtafel, Kreide), Schwierigkeiten beim Zugang zu Informationsquellen (Bücher, Zeitschriften, Artikel...)

6. Die Schwachstellen bei der Vermittlung der gesellschaftlichen Werte

Die Vermittlung der Grundwerte ist in den madagassischen Schulen heutzutage nicht mehr vorhanden. Dies ist zu einer echten Wunde im täglichen Leben der Madagassen geworden. Die Rolle der Bildung auf Madagaskar hat aufgehört, moralischen Werte zu vermitteln.

Unterricht der Moral, Ethik, und Gemeinschaftskunde stehen nur auf dem Lehrplan den einige madagassische Schulen erhalten. Die Begriffe von Bürger, Nation, Freiheit und Gleichheit sind bei den Madagassen nicht klar genug.

 

Wenn diese Werte in den anderen Ländern in den Mentalitäten des Menschen fest verankert sind, so ist dies das Ergebnis von langjähriger und harter Arbeit im Bildungswesen

7. Fehlende Vielfalt in der Bildung

Das vom Staat angebotene Schulprogramm ist sehr begrenzt. Die Aufnahme von künstlerischen Aktivitäten in das Schulprogramm als Beispiel ist seit kurzem ein sehr neues Phänomen auf Madagaskar. Die kunstbegabten Schüler können fast nie hoffen, sich  auf diesem Gebiet professionell zu entwickeln, wenn sie keine Ausbildung oder kein Praktikum im Ausland machen.

8. Keine Übereinstimmung des Inhaltes der Schulprogramme mit der sozialen Realität

Einerseits muss das Bildungssystem immer eine glaubwürdige Strategie verfolgen, das heißt, die den spezifischen Bedürfnissen der Bevölkerung entspricht (z.B.: Allgemeinbildung, Alphabetisierung der Erwachsenen, Alphabetisierung der Frauen….) und passt sich an ihre lokale Wirklichkeit an (z.B.: Einführung nomadischer Lehranstalten, Annahme von bestimmten Schulzeitplänen,…) und andererseits hat es sich in der politischen Philosophie der Machthaber anzugleichen. Aber was auf Madagaskar geschieht ist, dass die erste Bedingung oft zugunsten der zweiten vernachlässigt wird. Dies ist einer den Gründen, warum sich soziale und politische Krisen auf Madagaskar ständig (1972, 1991, 2002, 2009) wiederholen.