Marcella und Lydia

Im Dorf Belamoty, wo die Luft trocken und der Boden rot war, rang die siebenjährige Marcella mit einem unsichtbaren Feind. Malaria hatte ihren kleinen Körper fest im Griff, und ihre Augen glühten vor Fieber, während ihre jüngere Schwester, die fünfjährige Lydia, hilflos daneben saß. Ihre Oma Florine, eine Frau mit einer Last, die größer war als ihre magere Gestalt, konnte sie nicht mitnehmen.

 

Die Geschichte der beiden Mädchen war eine, die man in Madagaskar leider oft hörte: Kein Vater. Die Mutter war fortgezogen, hatte in einem fernen Ort eine neue Familie gegründet. Und wie so oft gab es in diesem neuen Leben keinen Platz für die Kinder, die sie zurückgelassen hatte. Oma Florine tat, was sie konnte, aber ihre Kräfte und Mittel waren begrenzt. Der Gedanke an Schulgeld, Hefte und Stifte schien in diesen dunklen Stunden, in denen Marcellas Atem so flach war, fast schon frivol. Und wie sollte man Kinder in diesem Zustand satt bekommen?

 

Doch dann geschah das Unglaubliche. Ein Ruf, ein Echo der Hoffnung, erreichte selbst das abgelegene Belamoty. Ein Verein aus Deutschland hatte beschlossen, die Not von Kindern wie Marcella und Lydia zu lindern. Und mit diesem Versprechen kam nicht nur die Zusage für Schulgeld und alle notwendigen Materialien, die ein Kind zum Lernen brauchte. Es kam auch die Gewissheit, dass genug zu essen auf den Tisch kommen würde. Regelmäßig. Ausreichend.

 

Als die Nachricht Florine erreichte, wöpfte sie vorsichtig Wasser über Marcellas Stirn. Ihre alte Stimme bebte, als sie den Mädchen davon erzählte. Ein Verein, der nicht nur die Schule bezahlen würde, sondern auch dafür sorgte, dass sie satt wurden! In diesem Moment schien ein kleiner Lichtstrahl durch das dunkle Dach ihrer Hütte zu fallen.

Marcella, obwohl noch schwach, öffnete ihre fiebrigen Augen. Ein Hauch von Lächeln spielte um ihre Lippen. Die Vorstellung, genug zu essen zu haben, gab ihr eine Kraft, die die Medizin allein nicht geben konnte. Lydia, die sich fest an ihre Oma klammerte, spürte die plötzliche Erleichterung in Florines Umarmung.

 

Die Krankheit würde vergehen, das wusste Oma Florine. Und mit der Hilfe, die nun kam, würden Marcella und Lydia nicht nur gesund werden, sondern auch die Chance bekommen, zur Schule zu gehen. Die Hoffnung auf Bildung, auf ein Leben jenseits von Hunger und Entbehrung, war wie ein Baum, der in Belamoty zu wachsen begann – stark, tief verwurzelt und bereit, Schatten und Früchte zu spenden, für Marcella und Lydia, die nun endlich ihren eigenen Platz in der Welt finden konnten.

Kommentar schreiben

Kommentare: 0