Inmitten des roten Staubs von Beroboka lebten die Geschwister Dorlin (8) und Lovianah (7) bei ihrer alten Großmutter, Justine Madalenne. Ihr Lachen war so zerbrechlich wie die ausgetrockneten Flussbetten der Region. Der Vater fehlte, und die Mutter hatte in Miandrivazo eine neue Familie gefunden – eine, die keinen Platz für Dorlin und Lovianah hatte. Sie waren zurückgelassen worden, und Oma Justines hageren Schultern trugen die schwere Last der Sorge.
Jeder Sonnenaufgang war ein Kampf: Woher das nächste Essen nehmen? Wie die schwindenden Schulmaterialien bezahlen? Dorlins Blick war oft ernst für sein Alter, Lovianahs Augen, normalerweise voller Schabernack, waren manchmal leer vor Hunger. Die Schule, das Tor zu einer anderen Welt, schien unerreichbar, ein ferner Traum.

Doch eines Tages änderte sich der Wind. Eine Nachricht kam wie ein geheimnisvoller Ruf aus einem fernen Land. Plötzlich war da mehr als nur das Versprechen auf Schulgeld und Hefte. Es war die unglaubliche Zusicherung, dass ihre Mägen nicht mehr knurren würden. Dass Essen regelmäßig auf den Tisch käme.
Oma Justines Hände, die sonst so mühsam arbeiteten, zitterten vor Rührung, als sie es den Kindern erzählte. Dorlin, der sonst so unnahbar war, sah seine Schwester an, und ein Funkeln der Überraschung huschte über sein Gesicht. Lovianah strahlte, ein Lächeln so hell wie die aufgehende Sonne.
Von diesem Tag an war jeder Schultag ein Abenteuer. Dorlin, der kleine Beschützer, spürte eine neue Kraft in sich. Lovianah, die Träumerin, malte Bilder von Welten, die sie nur aus Büchern kannte, nun aber selbst besuchen konnte. Für sie war jeder Schultag wie das Entziffern einer Schatzkarte. Die Buchstaben und Zahlen waren nicht länger unüberwindliche Hindernisse, sondern Wegweiser. Und der Schatz? Das war nicht nur das Wissen, das sie aufsaugen konnten, sondern auch die Gewissheit, dass jemand weit entfernt an sie dachte. Jemand, der ihnen eine Zukunft schenkte, die sie sich selbst kaum mehr zu erträumen gewagt hatten.
Oma Justine sah ihre Enkel nun mit einem Frieden im Herzen an, den sie lange nicht gekannt hatte. Die Last war leichter geworden, und das Lachen von Dorlin und Lovianah – erfüllte das kleine Haus in Beroboka nun mit einer neuen, hellen Hoffnung. Die Schatzkarte lag vor ihnen, und sie waren bereit, jeden Schritt zu gehen.
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